In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde das ständische Gericht durch das Niedergericht ersetzt. Das Niedergericht war der ordentliche Gerichtsstand für alle Bürger unter dem Vorsitz des jeweiligen Vogts. Ihm standen zwei vom Rat der Stadt eingesetzte "Richteherren" bei. Nur gemeinsam durften diese Richter ein Urteil sprechen. Folter durfte bei der Wahrheitsfindung nicht angewendet werden. Die Richter waren Laien; erst ab dem Ende des 16. Jahrhunderts wurden an den Universitäten Juristen ausgebildet und allmählich in den Gerichten eingesetzt.
Zweimal wöchentlich trat das Gericht an der Nordostecke des Rathauses unter den Kolonnaden zusammen und verhandelte auf offenem Markt. Zuständig war das Niedergericht für kleinere Straftaten, die mit Geldstrafen oder leichten Leibstrafen gesühnt werden konnten wie zum Beispiel Beleidigungen, leichte Verletzungen, private Streitigkeiten, kleine Diebstähle, Messertragen, Glücksspiel oder unerlaubtes Feilbieten von Waren. Schwerere Vergehen kamen vor das Obergericht, allerdings oblag die Verfolgung, die Festnahme und der Strafvollzug derer dem Niedergericht. Lediglich schwere Strafen wie die Todesstrafe oder schwere körperliche Züchtigungen blieben beim Obergericht.
Im 13. Jahrhundert ging die Zuständigkeit für adlige und geistliche Missetäter mehr und mehr an das landesherrschaftliche Hofgericht über. Das Niedergericht blieb zuständig für die einfache Bevölkerung, besonders für die Bauern.
Die Strafmaßnahmen des Niedergerichtes beliefen sich auf Geldbußen, Peitschenhiebe, öffentliches Anbinden an den Schandpfahl, Tragen eines Lästersteins oder Ähnliches. Der Schandpfahl (Kaak) stand ebenfalls auf dem Marktplatz.
Das Lüneburger Niedergericht des Mittelalters mit seinen hölzernen Wandpaneelen und kunstvollen Gemälden ist noch heute jederzeit für jedermann einsehbar, lediglich ein Eisenzaun schützt den Bereich.
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