Es waren unruhige Zeiten im Mittelalter, und wenn einer der "Hohen Herren" des Rates verreisen musste, war es ratsam einen Geleitschutz mitzunehmen. Hauptsächlich zu diesem Zweck unterhielt der Lüneburger Rat (und viele andere norddeutsche Städte auch) eine berittene und bewaffnete Schutz- und Ehrentruppe mit guten Manieren, die "Ridendenere". Sie unterstanden einem Hauptmann und waren seit 1494 einheitlich gekleidet in eine Uniform aus "gutem Tuch". Die Stärke der Truppe variierte je nach der Stärke der Unruhen in der Umgebung. Die Bezahlung der Männer und die Beschaffung der Pferde war Sache des Sülfmeisters (Chef der Saline).
Weil aber nicht ständig gereist wurde, übertrug man diesen Bediensteten auch andere Aufgaben. So mussten sie zum Beispiel die Ratsherren und den Bürgermeister während der Ratssitzungen bedienen. Ebenso standen sie den "Hohen Herren" bei großen Festlichkeiten und offiziellen Empfängen auswärtiger Gäste zur unmittelbaren Verfügung. Die Reitenden Diener waren überall willkommene Gäste, denn sie waren stets bestens informiert über das Zeitgeschehen, die aktuelle Politik, die Querelen im Rat, Klatsch und Tratsch und allerlei Vertrauliches.
Wurde ein Kurier gebraucht oder ein Übeltäter musste zum Schafott gebracht werden, waren auch hierfür die Reitenden Diener zuständig. Später übernahmen sie auch polizeiliche Aufgaben und so ganz nebenbei sorgten sie auf ihren Reisen auch für die Verbreitung von Neuigkeiten von Stadt zu Stadt.
Damit die Reitenden Diener jederzeit verfügbar und bei Bedarf schnell vor Ort waren, sollten sie in der Nähe des Rathauses wohnen. Bürgermeister Hinrik Garlop sorgte dafür, dass in unmittelbarer Nachbarschaft, auf dem städtischen Grund des ehemaligen St. Marienklosters, ein Gebäude entstand, das vielen dieser Bediensteten mit ihren Familien ein Zuhause bot. So entstand in der Mitte des 16. Jahrhunderts das erste Reihenhaus Lüneburgs mit einer einheitlichen Fassade. Dieses sechsteilige Reihenhaus ist noch heute gut erhalten, es wurde später von Garlops Schwiegersohn noch um drei gleiche Häuser erweitert. Es ist reich verziert mit auffälligem Taustein um die Eingänge und Fenster herum.
Die Schrifttafeln an der Fassade sind in lateinischer Sprache verfasst, ein Zeichen von guter Bildung der Familie. Sie befürworten den Kampf gegen das Unrecht und die Freiheit der Stadt Lüneburg.
Da die Ratsfamilie Garlop das Gebäude größtenteils finanzierte, sind natürlich Medaillons mit den Familienwappen in Taustein gefasst an der Außenfassade angebracht.
Der Name für die Straße unmittelbar vor dem Haus: Reitende-Diener-Straße. Bis heute ist das Reihenhaus erhalten, es befinden sich diverse städtische Verwaltungsabteilungen und Ämter darin.