Das Marktviertel beschreibt im wesentlichen das Gebiet der ursprünglichen Siedlung "Hliuni" am Fuße des Kalkbergs. Der Name bezieht sich nicht auf den heutigen Marktplatz (dieser wurde erst zum Ende des 12. Jahrhunderts angelegt, etwa zu der Zeit als auch der erste Teil des Rathauses erbaut wurde), sondern auf die Marktrechte, die diese Siedlung schon aus sehr früher Zeit besaß.
Das Marktviertel wurde durch zwei einschneidende Ereignisse schwer erschüttert:
Am Anfang war ein kleines Dorf an der Ilmenau - Modestorpe - dort wo die Natur es einfach machte, den Fluss zu überqueren. Die Menschen bauten eine Brücke und schufen so die Grundlage für Handel und Verkehr. Schnell entstand eine Einigung mit Hliuni, der Siedlung am Kalkberg. Denn die hatten das Salz in ihrer Nachbarschaft entdeckt und festgestellt, dass alle Welt sich dafür interessierte. Die beiden Dörfer taten sich zusammen, erwirtschafteten satte Gewinne und wuchsen. Auch kamen jetzt viele Reisende in die Gegend, Händler, Kaufleute, Gaukler und Handwerksgesellen versuchten ihr Glück in Modestorpe.
Der große sandige Platz vor der Taufkirche (heute St. Johanniskirche) diente nun als Umschlagplatz, auf dem die auswärtigen Händler ihre Waren feilbieten konnten (später mussten). Nach und nach entstanden rundherum stattliche Wohn- und Gasthäuser, die den verschiedenen Handwerkern als Herberge dienten.
In unmittelbarer Nähe siedelten sich alle an, die irgendetwas mit den neuen Geschäften zu tun hatten: Münzer, Zöllner, Bäcker, Schmiede, Böttcher und andere. Natürlich waren hier auch etliche Schank- und Tafelhäuser, von denen einige ihr Bier selbst brauten, zu finden.
Noch heute ist "Der Sande" ein belebter Platz. Viele der alten Häuser sind restauriert und vermitteln dem Besucher immer noch eine ganz besondere Stimmung. Hier finden jedes Jahr große Veranstaltungen und Volksfeste statt.
Die Straße Am Berge verbindet das Wasserviertel mit dem Sandviertel. Sie ist eine der ältesten Straßen Lüneburgs.
Dieser ist 240 Metern lang und 40 Meter breit. Wer nun den Blick hinauf zu den Treppengiebeln lenkt, wird sagen, dass der Platz auch einer der schönsten in Deutschland ist. Schnörkel und schneckenförmige Verzierungen aus der Zeit des Barock wechseln sich ab mit gotischen Giebeln.
Einige wurden nach dem Barock sogar abgeschrägt, nachdem Treppengiebel nicht mehr modern waren und so der Spitzdachform angeglichen. Heute bemühen sich die Lüneburger, ihre noch vorhandenen Treppengiebel möglichst originalgetreu zu erhalten.
Nachdem die Solequelle entdeckt, deren Wert erkannt und der Handel mit dem Salz ins Rollen gekommen war, wurden viele Arbeitskräfte gebraucht. Sowohl Salzsieder als auch Handwerker für die Nebentätigkeiten wie Böttcher, Wagenbauer, Transportwesen, Schiffer usw. fanden hier ihre Verwendung. Nicht nur aus den eigenen Reihen sondern auch von auswärts siedelte man die Menschen der Einfachheit halber rund um die Saline an. In der Mitte des 13. Jahrhunderts bekamen sie die St. Lambertikirche, die aber immer wieder schwer beschädigt wurde, da sie auf der Abbruchkante des Senkungsgebiet stand. 1860 wurde sie ganz abgerissen. Fundamente und Gruften sind noch in der Erde. Nach unterschiedlichen Verwendungen ist der große Kirchplatz heute eine Grünanlage.
Die eigentliche Saline war zur Stadt hin durch eine hohe Mauer abgegrenzt um ein Übergreifen der gelegentlichen Brände auf die Wohngebiete zu verhindern. Immerhin brannten Tag und Nacht offene Feuer in Holzhütten mit Strohdächern. Erst ab dem 14. Jahrhundert legte man auf dem Salinengelände Löschteiche an, die via Gräben und Holzröhren mit Wasser aus der Umgebung gespeist wurden.
Die Saline erhielt 1924 ein großes modernes Siedehaus mit modernster Technik, 12 großen Pfannen und 12 Schornsteinen auf dem Dach, mußte aber 1980 aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt werden. Ein Teil davon wird heute als Salzmuseum genutzt.
Marktviertel, Sandviertel und Salzviertel waren schon lange zu einer Ortschaft zusammen gewachsen als Lüneburg um das Jahr 1200 erstmals die Stadtrechte erhielt. Auch der Beitritt zur Hanse fiel in dieses Jahrhundert. Der Handel mit dem "weißen Gold" boomte mehr denn je. Die Stadt und ihre Bürger waren sehr wohlhabend und konnten viele Waren von auswärts importieren. Bald waren die Transportmöglichkeiten an der Anlegestelle vor dem Altenbrücker Tor erschöpft. Der Rat beschloss flussabwärts am nördlichen Stadtrand einen neuen modernen Hafen zu bauen. Zwischen dem äußerst soliden Hafenbecken an der Ilmenau und dem Rathaus entstand daraufhin die "Neue Stadt". Hier siedelten sich vorwiegend Fischer, Schiffer und Handwerker an, die direkt oder indirekt etwas mit dem Wasser, dem Hafen und dem Transport zu tun hatten. Es entstanden Lagerhäuser und Gebäude für den Handel: seit 1300 wurde im „Häringshus“ gehandelt, ca.1350 gründete Hinrik Viscule den Viskulenhof, 1346 wird erstmals ein hölzerner Kran erwähnt. Ein neuer Stadtteil - das Wasserviertel - brauchte eine eigene Kirche, die Schifferkirche zu Ehren des heiligen St. Nicolai wurde gebaut.
Wo früher Kaufmänner, Schiffer und Fuhrleute von weither zusammentrafen, da pulsierte das Leben. Zahlreiche Gast- und Brauhäuser boten schon damals Gelegenheit zur Geselligkeit.
Zwar werden hier schon lange keine Waren mehr umgeschlagen, der Hafen dient nur noch dem Tourismus, doch auch heute noch wird das Wasserviertel geprägt durch seinen historischen Kern, dem Stintmarkt und den malerischen Gassen mit ihren vielfältigen kleingewerblichen Angeboten. Und noch immer schlägt hier das Herz von Lüneburg. Unzählige Cafés, Restaurants und Gaststätten bieten für jeden Geschmack das richtige Ambiente.
2007 wurden 9,4 ha des Wasserviertels in die Städtebauförderprogramme „Städtebaulicher Denkmalschutz“ und „Sanierung und Entwicklung“ aufgenommen. In diesem Gebiet stehen rund 90 geschützte Baudenkmale, wovon ein Großteil auch unter Ensemble-Schutz steht. So soll besonders privaten Eigentümern ein Anreiz geboten werden, ihre denkmalgeschützten Häuser zu sanieren um den Charakter des Viertels mit seiner historischen Bausubstanz zu erhalten.