Die Ritterakademie


Ritterakademie, ehemalige Reithalle
Ritterakademie, ehemalige Reithalle

Nach der Zerstörung der landesherrlichen Burg auf dem Kalkberg bekam das Michaeliskloster 1371 einen neuen Platz innerhalb der Stadtmauern. In der Folgezeit versuchten mehrere Herzöge erfolglos das Kloster aufzulösen um an das beträchtliche Vermögen zu gelangen. Erst 1655 konnte sich Herzog Christian Ludwig gegen den Widerstand des Klosters und der Lüneburger Ritterschaft halbwegs durchsetzen.

aus dem Buch "Die Äbte des Klosters St. Michaelis zu Lüneburg"
aus dem Buch "Die Äbte des Klosters St. Michaelis zu Lüneburg"

Nach erbitterten Verhandlungen wurde ein Kompromiss beschlossen: Die Mönche des Klosters erhielten eine Abfindung. Das Kloster blieb der Form nach erhalten, weil es aus einer Stiftung entstanden war. Das Vermögen durfte nur zu geistlichen, nicht zu weltlichen Zwecken verwendet werden. Der Prior erhielt seine Bezüge bis zu seinem Tod, danach erlosch dieses Amt. Der neugewählte Abt verlor seinen Titel, behielt aber seine Rechte und Pflichten. Er wurde fortan "Landhofmeister" genannt und ihm oblag die Aufsicht der neu zu gründenden Ritterschule. Die bürgerliche St. Michaelisschule blieb bestehen. 

ehemaliges Abtshaus
ehemaliges Abtshaus

Außer den Grundfächern Deutsch, Latein, Mathematik, Biologie, Theologie, Geschichte, Festungsbau, Staatskunde und Jura erlernten die Zöglinge hier alles was zum guten Betragen bei Hofe notwendig war (Reiten, Fechten Tanzen, Galanterie, französische Kultur, Sprache und Lebensart). Eine einheitliche Schuluniform war Pflicht. 

Aus dem Vermögen des Kloster wurde die Errichtung einer Eliteschule für die Söhne des Adels bezahlt. Die 1656 gegründete Ritterschule war eine Internatsschule, wer sich hier anmelden wollte, musste sich einer strengen Aufnahmeprüfung unterziehen. War die Prüfung bestanden, wurde der adelige Nachwuchs vier Jahre lang auf den Staatsdienst in Justiz und Verwaltung vorbereitet. Etwa die Hälfte der Schüler stammten aus angesehenen Lüneburger Familien, wie die überlieferten Schülerlisten belegen. Die andere Hälfte kam vorwiegend aus dem Fürstentum Lüneburg, aber auch einige aus dem "Ausland". 

 

Tafel über dem Eingang
Tafel über dem Eingang

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts regte sich in der Öffentlichkeit massiver Widerstand gegen die elitäre Schule. Ein hitziger Verhandlungsweg führte letztendlich zu dem Entschluss, dass sowohl das Kloster als auch die Ritterakademie 1850 aufgelöst wurde. Die Lüneburger Ritterschaft erhielt eine Abfindung von 100.000 Reichsthaler Courant zur weiteren Finanzierung anderer höherer Schulen. Den Rest des Klostervermögens bekam der hannoverische Klosterfond.

 

Ab 1851 wurde die Schule für Fortbildungsseminare für niedersächsische Lehrer genutzt, später als Außenstelle des Landgerichts. Auch das Militär war hier zeitweilig untergebracht.

1916 mussten große Teile wegen Baufälligkeit infolge von Senkungsschäden abgerissen werden. Es blieb das Abtshaus, in dem heute die Landkreisverwaltung untergebracht ist. Die Fachwerkfassade ist jetzt weiß gestrichen. Eine Tafel über dem Eingang verweist auf den Ursprung des Gebäudes.

Die 1790 erbaute ehemalige Reithalle, diente ab 1937 als KFZ-Stand für das staatliche Hochbauamt, ab 1950 als Kino, ab 1971 als kommunales Rechenzentrum.

 

Fachwerk des Abtshauses


Medieninteresse beim NS - Prozeß
Medieninteresse beim NS - Prozeß

1998 eröffnete hier das "Kommunikationszentrum Ritterakademie" für repräsentative Veranstaltungen in Lüneburg, (Konzerte, Kreistage, Podiumsdiskussionen, Empfänge).

Im April 2015 begann hier der vielleicht wichtigste und vielleicht letzte NS-Prozess der Nachkriegsgeschichte, der ein großes internationales Medieninteresse hervorrief. Man musste die Ritterakademie zum Hochsicherheits - Gerichtsgebäude umfunktionieren, da im Landgericht nicht genügend Platz war.


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